Masterson 5-Tage-Workshop 2020


Letztes Jahr im August habe ich am Wochenend-Seminar für die "Masterson Method" in Bad Sachsa teilgenommen (siehe Bericht). Ich war so begeistert - nicht nur von der Methode, sondern auch von dem systematischen Aufbau des Workshops - dass ich mich sofort, nachdem die Termine für 2020 bekannt gegeben wurden, für den 5-tägigen Fortgeschrittenenkurs angemeldet habe. Kursleiter waren Walter Saxe und Silvia Hamm, unterstützt von Studenten, die sich gerade auf dem Weg in die Zertifizierung zum Masterson-Therapeut befinden. Ich wusste nicht so genau, was mich erwarten würde, ich wollte einfach weitermachen und weiterlernen, denn ich sah, dass Pferde sehr gut auf die Grundtechniken reagierten, ich jedoch das Gefühl hatte, dass mir weitergehende Möglichkeiten fehlten. Hier nun eine kurze Zusammenfassung, was jemanden erwartet, der weitermachen möchte. Aufgrund des professionellen Konzepts werden sich die Lernorte und Pferdetypen vielleicht unterscheiden, nicht jedoch die gezeigten Techniken.

Tag 1
Am ersten Tag waren wir Gast in der Kampagnenschule Löwenzahn in Meerbusch. Dort leben Ponys und auch einige Großpferde in Gruppenhaltung. Ich fand es war ein idealer Ort für den Einstieg an diesen braven Pferden zu lernen. Auf dem Stundenplan stand die Wiederholung der Techniken für den vorderen Teil des Pferdes aus dem WE-Kurs, Schwerpunkt war jedoch nicht die reine Auffrischung, sondern wir lernten viel weicher und präziser zu werden. Da fiel mir auf, wie fest ich früher teilweise noch gearbeitet hatte. Passend dazu lernten wir noch einige neue Techniken kennen. Wir arbeiteten, wie im WE-Kurs, zu zweit an einem Pferd/Pony.

Kampagnenschule Löwenzahn

Schulpferd Isy genießt unsere Behandlung


Tag 2
Am zweiten Tag waren wir wieder in der Kampagnenschule Löwenzahn, diesmal wiederholten wir die Techniken für den hinteren Teil sowie Rücken und lernten noch diverse neue Techniken für diesen Bereich des Pferdes kennen. Am Nachmittag holte Walter Saxe dann sein „Pony Boney“ aus dem Auto und anhand des Skeletts wurden uns die Schlüsselstellen im Pferdekörper gezeigt sowie wo die einzelnen Techniken ansetzen bzw. wirken. Das fand ich sehr interessant und aufschlussreich, weil es doch etwas anderes ist, Genick oder Iliosakralgelenk auf einer zweidimensionale Abbildung in einem Buch zu sehen oder eben „in echt“. Am Ende des 2. Tages hatten wir somit alle neuen Techniken des 5 Tage-Seminar kennengelernt. Schon wurde mir klar, dass Masterson eben nicht nur eine Entspannungsmethode ist, wie man den Eindruck nach dem WE-Seminar gewinnen könnte, sondern dass man nun diverse Werkzeuge in der Hand hat, mit denen man in der Lage ist, Einschränkungen des Pferdes zu lindern oder gar zu beseitigen.

Brogg, ein Bosnisches Gebirgspferd

Walter Saxe mit "Boney the Pony"


Tag 3
Am dritten Tag trafen wir uns wir an einem Reitstall in Ratingen. Die Pferde dort wurden uns freundlicherweise von Privatbesitzern zur Verfügung gestellt. Es erwartete uns an diesem Tag etwas gänzlich Neues: die Evaluationstechniken am oberen Teil des Pferdekörpers, mit diesen Techniken kann man feststellen, ob ein Pferd an wichtigen Stellen akutes Unbehagen oder gar Schmerzen hat. Außerdem wurde erklärt, wie man Restriktionen also Einschränkungen beim Pferd erkennt und der Unterschied zum akuten Schmerz erklärt, was es für das Pferd bedeutet und wie man als Therapeut damit umgeht bzw. was als man am Ende einer Behandlung erwarten sollte. Danach übten wir in Dreiergrüppchen die Evaluationstechniken. Im Anschluss führte uns Walter Saxe eine komplette Evaluation plus Behandlung eines Pferdes vor. Nach dem Mittagessen wurde es dann ernst: jeder bekam ein eigenes Pferd zugeteilt, sollte es evaluieren und dann behandeln. Es war sozusagen ein Einblick darauf, wie es später sein würde: allein in einer Box, mit keinem, der einem die Unterlagen festhält, einen an vergessene Techniken erinnert etc. Natürlich waren wir nicht wirklich allein, sondern wir bekamen immer wieder Unterstützung und Hilfe von den Kursleitern und den Assistenten. Die Zeit verging wie im Fluge und ich war überrascht, dass 3 Stunden vorbei waren, als ich mit der Behandlung von Karl, einem ehemaligen Springpferd, durch war. Ein schönes Erlebnis war, dass Karl am Ende herzhaft gähnte.

Vorführung der Behandlung eines Pferdes (inklusive interessiertem Publikum)

Karl, ein ehemaliges Springpferd


Tag 4
Dieser Tag war für mich der anstrengendste, sowohl emotional als auch die Arbeitsbedingungen und das Pferd betreffend. Wir waren auf einem Pferdeschutzhof des Tierschutz und Umwelt e.V. in Köln. Dort leben Pferde und Ponys, die abgegeben, gefunden oder beschlagnahmt wurden. Alle tragen ihr Päckchen mit Verletzungen, seelischer oder körperlicher Art. Zuerst lernten wir die Evaluationstechniken für die Beine des Pferdes, also um dort festzustellen, ob und wo es akute Schmerzen gibt. Lustigerweise waren die Demonstrationsobjekte und Übungspferde Tinker. Danach führten Walter Saxe und Silvia Hamm an „April“, einem ehemaligen Rennpferd vor, wie man sich Pferden nähert, die von Menschen nichts Gutes erwarten, mit welchen Techniken man beginnen kann und wie man dann weiterarbeitet. Es war berührend zu sehen, wie sich April, die sich ganz in ihre eigene kleine Welt zurückgezogen hatte, sich langsam nach und nach öffnete und uns dann mit wachem Blick anschaute. Nach der Behandlung trabte sie stolz über die Wiese. Am Nachmittag hatte jeder wieder ein eigenes Pferd oder Pony. Die Arbeit am Pferd fiel mir diemal deutlich schwerer, die Fuchsstute, die ich behandeln sollte, stand auf einer unebenen Wiese und ließ sich sehr schnell von äußeren Einflüssen, wie Unruhe durch andere Pferde oder Musik im Hintergrund, ablenken und kreiselte dann, obwohl sie von einer Assistentin an einem Strick festgehalten wurde, um uns herum. Hier kam mir dann die erste Technik, der „Blasenmeridian“ zur Hilfe, die Stute beruhigte sich wieder, ließ sich letztendlich auf die Behandlung ein und zeigte am Ende Kauen und einige Gähner.

Pferdeschutzhof des Tierschutz und Umwelt e.V. in Köln

Evaluation der Gliedmaßen unter erschwerten Bedingungen

April, das ehemalige Rennpferd


Tag 5
Am letzten Tag trafen wir uns in Kaarst am Reitstall Peter Schmitz. Auch hier hatten uns Privatbesitzer freundlicherweise ihre Pferde zur Verfügung gestellt. Diesmal arbeiteten immer zwei Personen an einem Pferd, am Vormittag eine Rheinländerstute „Prinzi“, die wunderbar mitmachte und sehr geduldig mit uns war, wenn wir wieder einmal unsicher waren, zum Beispiel welche Hand man an welche Stelle legen muss. Am Nachmittag hatten wir dann etwas Kleineres, „Basti“, ein 23 jähriges Pony. Auch er arbeitete sehr gut mit und belohnte uns mit fleißigem Gähnen. Nach dem anstrengenden vierten Tag war dieser letzte Tag dann wieder eine positive Bestätigung. Der Kreis schloss sich, als uns die Besitzerin von Princess, der Rheinländerstute erzählte, sie hätte an der Reitschule Löwenzahn Reiten gelernt und kannte auch noch das Pony Isy, das wir zuallererst behandelt hatten. Am Ende des Kurses trudelten übrigens schon die ersten Rückmeldungen ein: bei den behandelten Pferden der Reitschule Löwenzahn stellte die Besitzerin der Reitschule sofort am nächsten Tag eine positive Veränderung der Beweglichkeit und der Rittigkeit fest.

Princess, eine Rheinländerstute

Das 23 Jahre alte Pony Basti


Resümee
Ich hatte mit Masterson Method im Frühjahr 2019 nach dem Buch begonnen, stellte jedoch fest, dass ich bei bestimmten Techniken alleine nicht weiterkam und nahm daher am Wochenendkurs in Bad Sachsa im August 2019 teil. Ein Jahr übte ich vor allem an meinem Pferd, er stand fast immer entspannt an seinem Platz und genoss die Behandlung, aber ich merkte, dass immer noch Muskelbereiche festblieben und er Einschränkungen im Bewegungsspielraum hatte. Nur mit den Techniken aus dem Wochenende kam ich da nicht weiter. Erst nach diesen 5 Tagen finde ich, habe nun gute Grundlagen bekommen, um meinem Pferd wirklich helfen zu können, zum einen, weil ich gelernt habe, viel feiner und präziser zu sein, zum anderen, weil sich mein Werkzeugkasten der Techniken deutlich vergrößert hat. Es waren anstrengende aber auch wunderschöne 5 Tage. Ich habe tolle und interessante Menschen kennengelernt. Vielen lieben Dank an Walter Saxe, Silvia Hamm und die Studenten, die uns geholfen haben und nie müde wurden, unsere Fragen zu beantworten, weiterhalfen, wenn es bei einem Pferd hakte und schwierige Techniken immer wieder zeigten.

Wir haben übrigens nicht nur neue Techniken der Masterson Method gelernt, sondern auch Kulturelles: zum Beispiel, wenn man einen Kellner in einer Kölner Eckkneipe fassungslos machen will, bestellt man dort einfach einen schwarzen Tee (oder zwei).


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